Kreatives Schattendasein im Untergrund der Showwelt

Visagisten, Beleuchter, Garderobieren… - ohne sie bliebe der Vorhang zu

Frankfurter Nachrichten im Dezember 1991 von Bernd Günther

… Visagisten, Beleuchter, Garderobieren … - sie führen ein kreatives Schattendasein im Untergrund der Show- Welt. Außerhalb des glamourvollen Rampenlichtes basiert der Erfolg der Show auf ihrer Arbeit.

Eine haarige Angelegenheit, im wahrsten Sinne, ist der Job von Rocco Cantorelli: Gleich 28 Perücken hat er zu verwalten. Die Haarpracht der Schauspieler ist täglich zu pflegen. „Nicht die Männer, sondern die Frauen tragen die Perücken“, erklärt Cantorelli. Wäre es doch zeitaufwendig den Darstellerinnen tagtäglich stilgerechte Frisuren für die Vorstellung zu frisieren. Deshalb widmet sich der 27jährige Wig-Master, der auch für die Beratung beim Make-up zuständig ist, täglich einen Großteil seiner Arbeitszeit den Haar-Schöpfen. Jede Perücke ist rund 10 Minuten zu bürsten; ist sie unordentlich, muss die Haarpracht zudem aufgemacht und neu gestylt werden, eine Stunde sei dann schnell rum.

Auch Menschenhaar

Zwischen 300 und 800 Mark kosten die Perücken, die meistens aus synthetischem Haar gefertigt sind. Nur die künstliche Haarpracht der Hauptdarsteller, die mehr im Vordergrund und Rampenlicht stehen, verfügen über Anteile von Menschenhaar. „Meist im vorderen Teil, damit der Übergang am Haaransatz nicht auffällt“, erklärt Cantorelli.

Eine Stunde bevor sich der Vorhang hebt, arbeitet der 27jährige im Akkord. Die Frauen und Männer nehmen dann nacheinander vor dem Wig-Master Platz. Eine, zwei Minuten für jeden Darsteller: Rocco Cantorelli platziert mit routinierten Griffen der Haarteile. „Vier bis sechs Klammern und ein Schuss Haarspray“. Ein Haarnetz bändigt dabei die echten Haare der Darsteller, sonst wäre das ein einziger Wust. Seit sieben Jahren ist Rocco im Geschäft. Friseur hat er gelernt; dann sich als Visagist weitergebildet und schließlich in freien Theatergruppen, für Fotografen gearbeitet und Masken-Bildnern assistiert. „Ein Traumjob“, so der 27jährige, der bereits in London, Paris und den USA gearbeitet hat. …

 

Von Eckernförde über den Broadway nach Möhringen

Stuttgarter Zeitung im Oktober 1994 von Jürgen Brand

Stars und Sternchen, ein Hauch von großer weiter Welt. Immer ganz nah dran sein - Rocco Cantorelli und Birgit Rommel haben es geschafft

Jetzt gibt es die Musical Hall, jetzt gibt´s „Miss Saigon“, Stars wie Uwe Krüger – und backstage gibt´s eine Menge Jobs. Aber ran kommen ist verdammt schwer. Und ein etwas chaotischer Lebenslauf scheint auch dazu zu gehören. Beispiel Rocco Cantorelli. Er sitzt in der Werkstatt im Anbau hinter dem Bühnenturm. Südlage, große Fenster, Blick Richtung Schwäbische Alb. Vor ihm alle möglichn Masken, in seinem Regal Gipsköpfe mit Perücken. Farbkästen, Pinsel, Haarspray. Rocco, 30 Jahre alt ist Maskenbildner, will sich aber nicht so nennen. Zumindest nicht in Deutschland.

Miami, Paris, London, New York, Seattle

Er habe zwar die Maskenbildnerprüfung für die USA und für England. Aber für Germany halt nicht. Wie er lieber bezeichnet werden möchte? „Theatrical make-up and hair stylist“.

Rocco´s Wege sind weit: Eckernförde – Miami – Paris – London – New York – Seattle – Stuttgart. In Eckernförde hat er Friseur gelernt. (stimmt nicht, in Hamburg. R.C.) Er hätte eignetlich lieber getanzt. Ein Unfall verhinderte das. Als Friseur sah er dennoch die besten Chancen, ins Showgeschäft zu kommen. Er arbeitete für Maskenbildner und Fotografen, 1988 ging er nach Miami, später machte er in London ein Friseurgeschäft auf (stimmt nicht. Ich war Manager für den gesamten Beauty- Bereich im Great Eastern Hotel, Liverpool Street, London, R.C.) Irgendwann hat er die Kurve zum Maskenbildner gekriegt, so genau kriegt er seine Geschichte selber nicht mehr auf die Reihe. (Das schreibt natürlich ein Journalist, der nicht richtig zuhört und mit seinen Notizen nicht hinterher kommt. Arbeitet ja nicht jeder Jahrzehnte für ein und dieselbe Zeitung, R.C.)

Wie er in die Staaten gekommen sei? „Man hat mich geholt.“ Er habe für vier Broadway Shows gearbeitet, sei mit „Jesus Christ Superstar“ auf Europatour gewesen, habe Perücken für Las Vegas Shows geknüpft….

Anfang des Jahres kam dann der Anruf von Stella, im Frühjahr unterschrieb er den Vertrag für „Miss Saigon“, sein elftes Musical. „Es ist schon ein bisschen was Besonderes.“ Gute Laune werde erwartet – und kein zu großes Freizeitbedürfnis. Rocco hat seit 1. September fast nur gearbeitet. Sein Vertrag läuft über anderthalb Jahre. „Dann wird sich´s zeigen, ob man mich weiter will.“ Und das Musical? „Es gefällt mir. Das ist sicherlich was, was gerade junge Leute zum Denken anregen sollte. Vietnam ist heute ja überall, und die Musik gefällt mir auch sehr gut.“ …